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Aufbereitung und Nutzung von Schafwolle für innovative Pflanz- und Baumaterialien (WertWoll)

Laufzeit: 10/2021 – 12/2024

Die in Deutschland anfallende Schafwolle wird zum großen Teil ungenutzt entsorgt. Die letzte deutsche Wollwäscherei wurde schon 2009 geschlossen. Möchte man die Rohwolle trotzdem in Verkehr bringen, so ist sie laut einer EU-Verordnung von 2009 vorher so zu hygienisieren, dass sie drei wesentliche Mikroorganismen-Gruppen gar nicht mehr oder nur unterhalb bestimmter Grenzwerte enthält. Derzeit wird nur wenig Wolle in Form von Düngepellets in Verkehr gebracht. Hier wirkt die Pelletierung gleichzeitig als Hygienisierung. Es sind aber auch andere Verwendungen möglich. So lässt sich Rohwolle als Substratbestandteil zu Matten versteppen und mit Pflanzen vorkultivieren. Diese können anschließend z. B. als Erosionsschutz oder für Dachbegrünungen eingesetzt werden. Als Voraussetzung für letztgenannte Verwendungen bedarf es einer effektiven Hygienisierung. Diese war im Projekt WertWoll zu entwickeln.

Bei Vorversuchen ließen sich durch die Verfahren Ozonierung, UV-Exposition, Mikrowellen und Ameisensäure-Behandlung die Grenzwerte der Keimbelastung nicht sicher einhalten. Nur durch Erhitzung bzw. Behandlung im Autoklaven konnte die Keimbelastung ausreichend reduziert werden. Um die nötige Verweilzeit in der Hitzekammer möglichst kurz zu halten, wurde vor der Erhitzung ein Häckselprozess eingeplant. Die größten und am schwersten vollständig zu erhitzenden Bestandteile sind meist die im Bauchbereich dem Schafwollvlies anhaftenden Kotklumpen. Besonders diese sollten beim Häckseln zerschlagen werden. Umgesetzt wurde dazu ein Häcksler, der aufgrund elektrischer Leistungsbegrenzung am späteren Aufstellort nur über einen unterdimensionierten Motor von 13 kW verfügte. Zwischen Motor und Häcksler wurde eine entkoppelbare Zapfwelle integriert, so dass das Gerät später auch durch einen Traktor betrieben werden kann. Die Unterdimensionierung machte einen Dosierer im Einfülltrichter nötig, damit beim Einzug ganzer Schafwollvliese der Motor nicht blockiert wird. Eine Dosierung der Schafwolle muss aus großen Trommeln und Edelstahlstiften bestehen, damit die Wolle sich nicht verhakt, sich nicht um die Dosiererwellen wickelt und diese nicht beschädigt.

Als Hitzekammer wurde anfangs eine kontinuierliche Erhitzung mit Heißluft realisiert. Ein hitzestabiles Förderband führte die Wolle durch eine Hitzekammer, die mit einem 9 kW-Heizlüfter und externer Regelung auf kontinuierlich ca. 100 °C erhitzt wurde. Das Ergebnis der anschließenden Erhitzungsversuche zeigte aber, dass auch bei Verweilzeiten der Wolle von 30 min in der Hitzekammer keine ausreichende Hygienisierung stattfand. Somit waren keine Vorteile eines kontinuierlichen Verfahrens mehr erkennbar, und es wurde ein Batch-Verfahren favorisiert. Die Ergebnisse parallel durchgeführter Bedämpfungsversuche ergaben eine wesentlich schnellere und sicherere Hygienisierung durch Heißdampf. Dieses Verfahren wurde anschließend umgesetzt: Eine Dämpfkammer von 3,3 m³ Volumen wurde konstruiert und von 5 Dampferzeugern mit je 2 kW über einen doppelten Boden je nach Befüllungsgrad innerhalb ca. 1 Stunde vollständig mit > 98 °C heißem Dampf befüllt. Zur Sicherheit wurde die Wolle anschließend für eine weitere Stunde auf dieser Temperatur gehalten. Nach kurzer Abkühlung konnte sie händisch wieder entnommen werden.

Die Aufstellung der aus Häcksler und Bedämpfung bestehenden Aufbereitungsanlage erfolgte in Altlandsberg in der Schäferei Kucznik. Im Juni 2024 wurde eine Tonne Rohschafwolle mit der Anlage erfolgreich hygienisiert und anschließend in der an eine Biogasanlage angeschlossenen Trocknung wieder entfeuchtet. Die Aufbereitung bleibt mit Handarbeit verbunden. So waren während des Häckselprozesses mehrere Reinigungen der Häckslerwelle nötig, weil sich Wolle um diese gewickelt hatte und die Funktion der Häckslermesser einschränkte. Die Dämpfkammer konnte nicht mit Big Bags, sondern musste weiterhin händisch und gleichmäßig befüllt werden, um eine sichere Minimal-Temperaturmessung unter dem Deckel der Hitzkammer zu ermöglichen. Dennoch wies das Verfahren der Bedämpfung als Batch-Verfahren klare Vorteile gegenüber einer kontinuierlichen Aufbereitung auf.

Als mögliche Verwendung hygienisierter Rohwolle gelten Vegetationsmatten, von denen Versuchsmuster mit aerodynamischer Vlieslegung hergestellt wurden. Daneben konnten an der RWTH Aachen Versuchsmuster mit der Tufting-Technik für die Hybridrasen-Anwendung von Schafrohwolle erfolgreich gefertigt werden. Als dritte neue Anwendung wurde die Kombination von Schafwolle mit unter anderem aus ABC-Feuerlöschpulver gewonnenem Dünger entworfen. Großtechnische Versuche zur Umsetzung dieser Optionen stehen noch aus.

Aufbereitungsanlage, links Wollreißer, rechts Dämpfkammer

Programm:

Nachwachsende Rohstoffe

Projektträger:

Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg (MLUK)

Koordination:

Koordinierungsstelle forschungsbasiertes Versuchswesen im Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung e. V. (ILU), Bad Belzig

Kooperationspartner:

• Kraftfahrzeug-Fertigung-Landtechnik GmbH, Löwenberg
• Schäferei Knut Kucznik, Altlandsberg

Ansprechpartner IASP:

Dipl.-Ing. agr. Jan Häbler, Dipl.-Ing. Susanne Herfort